15. April 2021
Der Kulturhof wird nicht nur zu einem Ort der Gemeinschaft werden, er ist auch jetzt schon ein Beispiel dafür, wie ein sorgsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen gelebt werden kann. Natürliche Baumaterialien statt Kunststoff und Styropor, kurze Lieferwege statt lange Transportzeiten – ganz im Sinne der Enkeltauglichkeit.
Kein Wunder also, dass der Kulturhof aus dem traditionsreichsten Baustoff der Region gebaut wird: Holz. Dieses kommt nicht nur aus den heimischen Wäldern, sondern in erster Linie perfekt verarbeitet aus dem Sägewerk Saghäusl. Der Familienbetrieb in den Berchtesgadener Alpen kennt sich aus mit dem besonderen Naturmaterial. Hier geht es um Qualität, nicht um Quantität – und das schon seit 1850. Jährlich werden rund 2.000 Festmeter Rundholz aus den umliegenden Wäldern im Sägewerk verarbeitet, 300 Festmeter davon werden jetzt Teil des Kulturhofs Stanggass, 50 Prozent Tanne und 50 Prozent Fichte.
Wir haben mit dem Inhaber des Sägewerks Wolfgang Geistlinger über das Projekt Kulturhof, seine Leidenschaft für Holz und das Thema Gemeinschaft gesprochen.
Für mich bedeutet Holz Gemütlichkeit, guter Geruch, ein gewaltiger Baustoff, Schönheit und einfach mein Leben. Ich kann es fast nicht in Worte fassen, es ist ganz was Besonderes!
Ich hatte ein gutes Gefühl! Auf dem Grundstück, auf dem der Kulturhof gebaut wird, war früher ein Hotel gestanden. Es ist oftmals versucht worden, das Areal zu versteigern, da waren immer Investoren dran. Und als ich dann gehört habe, dass Bartl Wimmer es gekauft hat, war ich sehr zufrieden, dass endlich mal ein einheimischer, bodenständiger Mensch sowas anpackt und dass es nicht wieder so ein Nobelhotel wird, bei dem es nur darum geht, dass es in zehn bis fünfzehn Jahren Gewinn abwirft. Bartl Wimmer ist selbst mit Berchtesgaden verwurzelt, von daher wusste ich, dass da wirklich was Sinnvolles rauskommt und es auch für unsere Region nur gut sein kann.
Am meisten hat mich erstmal begeistert, dass der Bartl Wimmer bei den Grünen ist. Und dass er jetzt was umsetzen kann, was wirklich Nachhaltigkeit, Bodenständigkeit und Regionalität umfasst. Ich finde es toll, dass das auch tatsächlich so gemacht wird. Keine leeren Worthülsen, kein Blablabla. Es geht nicht um Profit, sondern dass die Region davon an sich profitiert, also im Sinne der Nachhaltigkeit. Bartl Wimmer war schon vor Baubeginn bei uns und hat gesagt, dass er aus seinem Wald das Holz haben möchte, dieser ist nicht mal einen Kilometer von uns entfernt. Da konnte ich natürlich schon beraten, wie man das am besten machen soll und dass das Holz zum richtigen Zeitpunkt gefällt wird.
Wir sind natürlich ein kleiner Betrieb und das war schon eine ganze Menge Holz, die da gebraucht wurde. Man versucht natürlich, sein Bestes zu geben. Die Schwierigkeit ist, dass man aus dem schönen Holz auch wirklich etwas Schönes macht und nicht einfach drauf los schneidet und irgendwann merkt, es ist nicht so geworden, wie man es braucht. Das wollten wir unbedingt vermeiden, deswegen haben wir uns bemüht, dass aus dem hochwertigen Holz hochwertige Bretter werden, die auch den Sinn erfüllen. Das war natürlich viel Arbeit. Aber um so toller, dass wir es trotzdem machen durften und geschafft haben!
Wir haben gut 300 Festmeter Holz aus dem eigenen Wald verwendet. Fichten- und Tannenholz. Das haben wir zur richtigen Zeit geschlagen, im Januar. Und als es aus dem Wald raus war, haben wir das Schneiden angefangen.
Wände, Dachstühle, Außenschalungen, Dachlatten und der ganze Wandaufbau des Kulturhofs sind aus diesem Holz gefertigt.
Ja, das stimmt. Es weist dann zum Beispiel weniger Feuchtigkeit auf und wird dadurch belastbarer. Das Holz, das wir jetzt ausgewählt haben, war aus einem Waldstück mit lauter ausgewachsenen Bäumen, so ca. 60 bis 80 Kubikmeter und wenn man dieses zum richtigen Zeitpunkt schlägt, hat man die beste Holzqualität, die man haben kann. Wir schneiden ja jetzt gerade noch das Holz vom Winter und das ist noch vollkommen in Ordnung und ohne Fehler. Es ist wirklich ein genialer Baustoff! Gerade in der heutigen Zeit, in der so viel mit geleimten Sachen gemacht wird, sieht man dann, dass es eigentlich auch anders geht. Ohne Chemie. Und dass es jetzt an so einem Projekt verwirklicht wird, ist natürlich das Genialste überhaupt.
Der Zusammenhalt in der Familie. Weil so ein Familienbetrieb nur funktionieren kann, wenn die komplette Familie dahintersteht. Das sind nicht nur die Familienmitglieder, die im Betrieb beschäftigt sind, sondern auch die anderen, die eben mal hier und da mit aushelfen. Alle eben, die daran beteiligt sind. Meine ganzen Schwiegersöhne, Schwiegertöchter, ohne das würde so ein Unternehmen überhaupt nicht funktionieren. Und wir wollen alle, dass das erhalten bleibt, was nicht so einfach ist in der modernen Zeit. Wir können uns mit Nischenprodukten helfen, die große Sägewerke nicht können oder anbieten. Wir machen zum Beispiel auch massive Holzfußböden. Da können wir unser ganzes Wissen einbringen, das wir über die Jahre gesammelt haben, gerade was Holzqualität und Holzernte anbelangt. Wichtig ist, dass man Wissen weitergibt, so dass es die nächste Generation auch noch mitbekommt. Man ist in einem Familienbetrieb ja auch so gesehen nur Verwalter für eine gewisse Zeit und dazu verpflichtet, den Betrieb immer wieder im guten Zustand weiterzugeben, so wie man ihn bekommen hat, vielleicht mit kleinen Verbesserungen. Schwierig ist es eher, dass sich die wirtschaftlichen Umstände auch ändern. Aber vielleicht ist das auch normal, dass immer mal was aufhört und etwas anderes anfängt.
Nachhaltigkeit ist das oberste Gebot in unserem Betrieb, weil wir letzten Endes davon leben. Wenn wir nicht nachhaltig wirtschaften würden, gäbe es für die nächste Generation nichts mehr. Das ist eine absolute Prämisse, der wir nachgehen.
Nachhaltige Forstwirtschaft zum Beispiel heißt, dass wir nur so viel Holz ernten, wie wieder nachwächst. Es gibt genug Sägewerke in Europa, die zusperren mussten, weil einfach kein Holz mehr da war. Wichtig ist, dass man die Betriebsgröße an das Ganze anpasst und nicht einfach immer größer und größer wird und nachher Holz nur noch aus 200 Kilometer Entfernung herbringen kann, das macht keinen Sinn.
Wir verarbeiten nur Holz, das bei uns aus der Region ist, wo wir wissen, wo es herstammt und wann es geerntet wurde – besser kann man es nicht machen.
Ohne Gemeinschaft würde unser Betrieb gar nicht funktionieren. Es ist wichtig, dass man sich untereinander total vertrauen kann und dass man auch die Erwartungen, die an jeden gestellt werden, erfüllt. Gemeinschaft wird bei uns in der Region sowieso großgeschrieben, weil ja schon durch die vielen Vereine die ganzen Leute so viel beieinander sind. Gemeinschaft ist einfach eine Selbstverständlichkeit bei uns. Das rührt auch daher, dass man früher ja schon abgeschieden gewohnt hat und immer aufeinander angewiesen war. Da verlässt man sich nach wie vor auf alle.
Wenn irgendwelche Härtefälle sind, dann steht eben das ganze Dorf zusammen und hilft sich. Dieses Verständnis muss man auch an die Kinder und Enkelkinder weitergeben.